Das Internet vergisst nie
“Manche Dinge sollte man für sich behalten oder bestenfalls beim Stammtisch äußern, denn das Internet vergisst nie,” erklärt Internet- und Reputationexperte Christian Scherg aus Düsseldorf. Jeder von uns hat schon mindestens einmal etwas Dummes gemacht und ist wahrscheinlich froh, dass dies nicht in den Weiten des WWW veröffentlicht wurde. Ein sexistischer Spruch beim Stammtisch, sturzbetrunken nur mit einer Unterhose auf Kopf bekleidet Schwanensee tanzen oder eine Hauswand vollsprayen, es gibt viele Dinge auf die wir nicht stolz sind.
Die meisten dieser Dinge, so Christian Scherg, sind in der realen Welt schnell vergessen oder man kann gemeinsam darüber lachen. Der Freundeskreis nimmt die Ausrutscher hin und solche Fauxpas sind kein Drama. Die reale Welt ist nachsichtig und auch das im Rausch gesprayte Graffiti wurde zügig übermalt.
In der digitalen Welt, im Zeitalter der sozialen Netzwerke, gibt es kein Aber und der „Löschen“-Button ist eigentlich blanker Hohn. „Wenn etwas raus ist und Aufmerksamkeit gefunden hat, haben Sie keine Chance mehr, etwas rückgängig zu machen, denn das Internet vergisst nicht“, so der Geschäftsführer der REVOLVERMÄNNER GmbH.
Ganz gleich ob es sich um Unternehmen, Vereine, Politiker oder Privatpersonen handelt, es sollte immer dreimal darüber nachgedacht werden, welche Informationen, Meinungen und Fotos man ins Internet stellt.
Das Internet vergisst nie, also muss man gegensteuern
Die meisten Klienten der REVOLVERMÄNNER GmbH sind zwar große Firmen, die die digitale Diskussion und Informationsverteilung über ihre Inhalte und Produkte im Griff halten wollen, aber auch Privatpersonen nehmen die Leistungen in Anspruch.
Neben der Ausarbeitung und Ausführung von Gegenmaßnahmen, ist die Düsseldorfer Agentur auch darauf spezialisiert herauszufinden, wer hinter einem Angriff steckt. Christian Scherg erklärt weitere Verfahrensweisen: „Wir haben Psychologen und IT-Forensiker, die unter anderem über Sprach. Und Textauswertung Profile erstellen und andere aufwändige Recherchen in Foren und Blogs betreiben, von denen wir wissen, dass sie auch dazu genutzt werden, andere zu diffamieren.“
Ganz gleich welches Reputationsproblem vorhanden ist, es müssen kreative und vor allem individuelle Maßnahmen als Gegenwehr erarbeitet und der Aggressor ausfindig gemacht werden. „Vielfach kann man nur moderieren und gegenkommentieren, um die Deutungshoheit über den eigenen Ruf zu behalten“ erklärt Scherg. Doch auch die Flut mit gezielten, maßgeschneiderten Informationen überall im Internet, kann eine mögliche Maßnahme sein.
Wie beispielsweise im Fall der dänischen Journalistin Emma Holten: Es kursierten geleakte Nacktbilder der jungen Frau im Internet und anstatt sich zu verstecken, blies Holten zum Gegenangriff. Sie veröffentlichte immer mehr Nacktfotos von sich, die meisten davon in sehr unerotischen Situationen, um so die Herrschaft über ihre eigene Nacktheit zurückzuerobern.
„Das ist ein ganz probates Mittel, um Informationen zu verwässern. Das Internet vergisst nie, aber man kann Informationen in der Masse untergehen lassen. Wenn kompromittierendes Material im Umlauf ist, ergibt es oft am meisten Sinn, einfach noch mehr vermeintlich spektakuläres Material gezielt zu streuen“ macht der Experte deutlich und fügt hinzu „Irgendwann kursiert so viel offensichtlicher Müll, dass jedem die Lust vergeht, sich irgendetwas anzusehen“.